Vertreibung

Wir alle wissen, was sich zwischen 1939 und 1945 abgespielt hat: der Zweite Weltkrieg.
Doch auch nach dieser Zeit brauchte es viele Jahre, um all das Leid zu verarbeiten - das zieht sich übrigens bis heute.
Nach 1945 änderten sich die Grenzen Deutschlands, und die Bevölkerung - welche ja meist nichts dafür konnte - wurde rabiat vertrieben. Aus Schlesien, aus den Sudeten.
Ich muss zugeben, irgendwie kann ich beide Seiten verstehen. Nach jahrelanger Unterdrückung durch die Deutschen wollte man sich natürlich irgendwie revanchieren.
Aber wer dort wohnte, war eher selten Nazi, wenn die Menschen nicht gerade an Hunger gestorben waren, blieben die Mütter mit ihren Kindern übrig - die Väter waren ja im Krieg.
So war es beispielsweise auch bei meiner Oma, die fünf Jahre alt war, als sie mit ihrer Mutter und ihrem drei Jahre älteren Bruder aus den Sudeten vertrieben wurde.
Solche Geschichten hinterlassen Narben bis in unsere heutige Zeit, aber wir müssen und damit auseinandersetzen, um wenigstens teilweise all das zu verarbeiten, was damals passiert ist.

Darum geht es auch in "Marlenes Geheimnis" von Brigitte Riebe:


Kurz nach Kriegsende flieht Eva mit ihrer kleinen Tochter Marlene aus dem Sudetenland. Am Bodensee finden sie eine neue Heimat und Eva betreibt eine kleine Schnapsbrennerei. Viele Jahre später führt Marlene das Unternehmen. Nach Evas Beerdigung kommt ein gravierendes Familiengeheimnis zutage.

Ich habe das Buch letztens gelesen, eben weil es mich ein bisschen an die Geschichte meiner Oma erinnert.
Es ist schon etwas zweischneidig: andauernd wird über den Zweiten Weltkrieg berichtet, über die Deutschen, die wie durchgeknallte Tiere über ihre Nachbarländer herfielen. Und das stimmt ja auch.
Aber besonders jene Nachbarländer vergessen gerne zu erwähnen, wie sie nach 1945 mit anderen Deutschen verfahren sind.
Die Geschichte von Marlene ist natürlich fiktiv, aber durchaus realistisch, denn es gab viele solcher Fälle.
Es wird sehr schön beschrieben, wie sich die Vertreibung auf das ganze Leben der Hauptfiguren ausgewirkt hat - verpackt in die ganze Familiengeschichte.
Durch die Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit wird klar, dass wir unsere Geschichte nicht vergessen dürfen. Nur, wenn wir aus ihr lernen, können wir es vermeiden, immer und immer wieder die gleichen Fehler zu machen.

Weronika

HIER geht es zum Buch.

Nachtrag:
Ich finde es übrigens bemerkenswert, wie sehr sich "Deutsche" darüber aufregen, dass wir so viele Flüchtlinge im Land haben, wo doch die meisten irgendjemanden kennen, dessen Verwandtschaft fliehen musste nach Ende des Kriegs, und auch diese Flüchtlinge nahm unser Land auf .
Aber klaaaar, ist was anderes...
Warum sehen die Menschen diese Parallele nicht?
Ach ja, weil sie egoistisch und dumm sind...

Kommentare

  1. "Die Personenwürde hängt nicht davon ab, ob man Bürger, Migrant und Flüchtling ist. Das Leben derer zu retten, die vor Krieg und Elend fliehen, ist ein Akt der Menschlichkeit."
    Papst Franziskus, 20.06.2018 auf Twitter

    (Passt irgendwie...)

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